Duras, Rosteck, Fisher's Loft en détail...


Marguerite Duras wird in den 60ern zur gefragten Kolumnistin, nimmt Prominente ins Kreuzverhör, portraitiert die Bardot, Callas, Francis Bacon, in unbestechlichen Kommentaren geißelt sie das Tagesgeschehen.

Für Alain Resnais schreibt sie das Drehbuch zu Hiroshima mon amour, sie führt Regie, revolutioniert mit ihren Einaktern das frz. Nachkriegstheater, das Autorenkino, an ihrer Seite der junge Dépardieu, Jeanne Moreau.

Den Film, der ihr Jugendportrait ins kollektive Zuschauergedächtnis eingebrannt hat – Der Liebhaber, Regie Jean-Jacques Annaud – konnte in ihren Augen auch die rauchige Stimme Jeanne Moreaus aus dem Off nicht retten. Aalglatt, deliziös, dem aussparenden style durassien ganz entgegengesetzt und auserzählt in einem Wurf: eine Indochina-Soap, ein triviales Abziehbild ihrer intimen Vorgeschichte, die doch in schwankenden Variablen durch ihr Schreiben mäandert. So wie alle Leidenschaften und Beziehungen ihres Lebens in verwandter und pikanter Konstellation in Textgestalt wiederkehren, aneinander gekettet durch eine Dominante: immer wieder la mer.

Der Autor und Pianist Jens Rosteck, Kulturhistoriker, promovierter Musikologe und Spezialist für die französische Moderne, lebte viele Jahre in Paris und an der Côte d'Azur. Zur Musik- und Literaturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts hat er zahlreiche wissenschaftliche und essayistische Publikationen vorgelegt. Zu seinen Buchveröffentlichungen zählt neben einer umfassenden Studie zum Opernwerk von Darius Milhaud und Paul Claudel und eingehenden Portraits u. a. von Paul Bowles, Kurt Weill, Édith Piaf, Jacques Brel die erste große Hans-Werner-Henze-Biografie (Rosen und Revolutionen, Berlin 2009). Als Musiker, Pianist und Liedbegleiter sind ihm Kammer- und Kirchenmusik so vertraut wie das kabarettistische Repertoire.

Fisher's Loft eröffnete - aufwendig und mit Liebe zum Detail saniert - 2018 in einem über 250 Jahre alten denkmalgeschützten Rokoko-Speicher, der Jahrzehnte lang einen Schrotthandel beherbergte.

Hüxstraßenfest 2019


22. Juni 2019

Ohne Sorgen: Falten!

Geübt in der japanischen Kunst des Papierfaltens, nobilitiert Roswitha Slemeyer unsere makulierten Verlagsplakate, Prospekte und sonstwie bedruckten Papiere und improvisiert zwischen 13 und 15 Uhr einen Origami-Workshop. Falten Sie mit!


Die Abbildung entstammt dem Buch von Richard Sweeney: Papierskulpturen. Inspiration und Anleitungen. Haupt Verlag 2016

Chaim Cohn (1911 – 2002), ‚Aus meinem Leben‘

maKULaTOUR in den Audienzsaal des Rathauses


Buchvorstellung am 13. Juni


Rechts zu sehen: Chaim Cohn bei der Grundsteinlegung des Obersten Gerichts auf dem Skopusberg in Jerusalem, August 1963 (Abb. aus dem Buch)

Liebe Freundinnen und Freunde unserer Buchhandlung,
wir laden herzlich ein zu einem außerordentlichen Abend

am Donnerstag, dem 13. Juni, um 18 Uhr im Audienzsaal des Rathauses.

Erstmals erscheint in deutscher Übersetzung die Autobiografie Chaim Cohns, der - geboren 1911 in Lübeck, Enkel des Rabbiners und Bürgerschaftsabgeordneten Salomon Carlebach - 1930 auszog, in Jerusalem eine Jeschiwa zu besuchen, zwei Jahre später zum Studium der Rechtswissenschaften zurückkehrte, 1936 endgültig ins britische Mandatsgebiet Palästina emigrierte, nach der Gründung des Staates Israel den Prozess Jesu neu aufrollte, gemeinsam mit Fritz Bauer Eichmann vor Gericht brachte und bald als Generalstaatsanwalt, Justizminister und Richter des Obersten Gerichtshofs zum federführenden Juristen des Landes wurde.
Sein Urteil stand immer im Zeichen der Menschenrechte, besonders im israelisch-palästinensischen Konflikt. In seiner Autobiografie, in seinen Büchern und Aufsätzen erweist er sich als ein herausragender Vertreter des deutschen Judentums in Israel von profunder juristischer wie geistlicher Bildung.

Dr. Thomas Sparr, Suhrkamp, langjähriger Leiter des Jüdischen Verlags, stellt Cohns Erinnerungen vor.

Im Anschluss dürfen Diskussion und Gespräch gern bei einem Glas Wein ausufern.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
Birgit Böhnke und Regina Giese


Weitere Referenten:

Grußwort der Stadtpräsidentin Gabriele Schopenhauer,
Nadine Garling, Judaistin, Promotionsstipendiatin am ZKFL Lübeck, Forschungsschwerpunkt Geschichte der Jüdischen Gemeinden Norddeutschlands und des deutschen Zionismus, speziell Neo-Orthodoxie in Deutschland am Beispiel der Israelitischen Gemeinde Lübecks 1852-1918
Prof. Dr. Rolf Verleger, bis 2017 Psychologe an der Universität Lübeck, im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Lübeck 2001 bis 2005, 2005 bis 2009 Mitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland, 2009/10 Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Initiator und seit 2016 Vorsitzender des Bündnisses für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern.


Eine Veranstaltung unserer Buchhandlung in Kooperation mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lübeck e.V. und der Hansestadt Lübeck


Eintritt 8 EUR, Anmeldung erbeten

Würzgebiehr mit angehängtem tick

oder: Wie sie keine Vogelkundlerin wurde


April 2019

Im Alter von acht oder neun Jahren entwickelte die Buchhändlerin ein starkes ornithologisches Interesse, bekam ein Vogelbestimmungsbuch geschenkt, setzte sich mit der ihr 'zum Spielen' überlassenen Balgenkamera ihres Vaters (deren Balg porös und die ihm aus diesem Grunde unbrauchbar geworden war) an einen seerosen- und binsenbewachsenen Tümpel ins Gebüsch und verbrachte viele Nachmittage mit dem Versuch, die scheuen 'grünfüßigen Teichhühner' an ihre Gegenwart zu gewöhnen bzw. sich ihnen unsichtbar zu machen, um sie zu fotografieren. Die Aufnahmen, die dabei herauskamen, zeigten ausnahmslos sehr viel Grün, sehr viele Blätter, zahlreiche weiße Flecken, die sich dem porösen Balg der Kamera verdankten, aber keinen Vogel.

Einigen Forschergeist weckte die Tatsache in ihr, dass Vögel, zu deren Beobachtung und Benennung sie, ihr Bestimmungsbuch unter dem Arm, in den Park oder den Stadtwald gezogen war, sich oftmals nicht nur ihrer Kamera, sondern auch ihrem suchenden Blick entzogen, jedoch von überall her zu hören waren. Da ihr weder die in vogelkundlichen Publikationen empfohlenen Aufnahmen von Vogelstimmen zugänglich waren noch die Unterweisung durch einen Kenner zuteil wurde (siehe Frieling: 'Was fliegt denn da?', Vorbemerkung zum Kapitel 'Gesänge'), musste sie sich auf die Transkriptionen der Rufe beschränken, wie sie im Anhang ihres Bestimmungsbuches zu finden waren.

Feld- (und Flur)forschung im Schaufenster


Während ihr Beschreibungen wie 'ein kunterbuntes Geschwätz mit Pfeifen und Knarren, Knattern und Plappern untermischt, schnalzend, zischend, unrein und pfeifend (gebogene Pfiffe)' bewiesen, dass der unübersehbare Pulk schwatzender, knarrender, knatternder und plappernder, vielleicht zu gegebener Zeit auch gebogen pfeifender Vögel auf diesem Baum tatsächlich Stare waren, das 'hohle, vier- bis sechssilbige, tiefe gruh gru grugruh' wirklich den Ruf der Taube beschrieb, als die sie den Vogel auf dem Ast dort erkannt hatte, so ist es ihr doch niemals gelungen, den Vogel aufzuspüren, dessen Gesang 'klingelndem djüdjüdjü... (schnell) und gepresstem schjäh (ähnlich Uhraufziehen)' entsprechen soll. Sie hat nie 'würzgebiehr mit angehängtem tick' vernommen und ist so manchem Ruf und Laut die Bestimmung schuldig geblieben.

Nächtliche Exkursionen, ihr eingedenks ihres Alters selten zugestanden, verschafften ihr zwar manches Erlebnis seltsamer, auch unheimlicher Geräusche, ließen sie aber niemals der Forschungsergebnisse teilhaftig werden, die ihr das ornithologische Handbuch versprach. 'Xylophonartiges ilipp, ilipp, auch ilok', 'Wetzen und Schleifen wie Sandpapier auf Karton', 'Schnarchendes, heiseres chrüüh (als ob alte Jalousie herabgelassen wird), auch wie chraaich klingend' - all das ist ihr nie zu Ohren gekommen.

Vereinzelte Versuche, sich ihrem Forschungsgegenstand gemäß neuerer Forschungsmethoden ('mimetische Ornithologie') zu nähern, verfehlten ebenfalls ihr Ziel: Experimente wie die unter jeweils verschiedenen Bedingungen (wechselnde Jahres- und Tageszeiten, diverse Standorte in Feld, Wald und Flur) gehaltenen Lesungen aus Vogelbestimmungsbüchern unter Zuhilfenahme diverser Materialien und Gegenstände (Sandpapier, Karton und Xylophone, Jalousien und mechanische Uhren) lockten nicht, wie angestrebt, die zu bestimmenden Vögel herbei.

Dass sie nicht, wie der Verfasser ihres Bestimmungsbuches es im Vorwort von sich sagen darf, ihre Karriere von der Autodidaktin zur Spezialistin erfolgreich betreiben und alle Ehren der ornithologischen Wissenschaft in Empfang nehmen konnte, soll die gereifte Buchhändlerin nicht hindern, sich angesichts zahlreicher Neuerscheinungen zur Vogelkunde wieder einmal dieser Disziplin zu widmen: Voilà la volière!


Schaufenster-Comic: RG/maKULaTUR. Mit Vogelstimmennotationen aus Krauss: Singt der Vogel, ruft er oder schlägt er? (Matthes & Seitz, s. u. naturgeschichten). Fotos: Christoffer Greiß.

Ein- und Ausblicke


Februar 2019

Im Herbst 2014 hat der dänisch-isländische Künstler Olafur Eliasson in den Räumen des Louisiana Museum Humlebaek eine Landschaft installiert, die ihre BesucherInnen aufforderte, von Raum zu Raum ein Flussbett aus isländischem Geröll und Lavastein zu durchqueren. Zu diesem endrucksvollen Projekt erschienen ein Katalog und eine Fotodokumentation in Buchform: 'Riverbed', die inzwischen zusammen bei uns zum Sonderpreis zu haben sind.

Und weil man auch eine Buchhandlung als Landschaft betrachten kann, als Welt unter Dach, nach innen erweiterten Außenraum, durchlässig für Geschichte(n), Leben, Erfahrung, haben wir Fotos der 'Riverbed'-Räume von Iwan Baan aus der schönen Louisiana-Publikation mit dem Cutter um eine Dimension erweitert und geneigten BetrachterInnen unseres Fensters neue Ein- und Ausblicke eröffnet.

Die beiden Bände zur Ausstellung sind bei uns derzeit für zusammen 19,95 EUR statt früher 66,00 EUR zu haben.

Feuerwerk?


31.12.2018

Feuerwerk? Nein: Seaweed-Prints by Superfolk/Ireland*, ganz emissionsfrei.

Wir wünschen einen heiteren Start ins neue Jahr!


*) s. u. 'schöne sachen'

...und manche Tanne ahnt, wie balde...


zum 24. Dezember 2018

'Die Schmückung beginne zunächst mit den schwersten Gegenständen, welche in die Nähe des Stammes gebracht werden. Nach diesen empfliehlt es sich, die Nüsse anzubringen. Abwechselnd miteinander müssen goldene und silberne etwa 3-4 Stück an die längeren und 2-3 an die kürzeren und an die obersten kurzen Zweige je nur 1 Stück gebunden werden. Die ebenfalls vergoldeten und versilberten Tannenzapfen dürfen weiter nach vorn in das zweite Drittel des Astes gebracht werden. Marzipan und Konfekt nimmt sich am besten zwischen je zwei Nüssen aus.

Glänzende Glaskugeln gibt man mehr den oberen Ästen, um den Effekt der sich in denselben brechenden Lichtstrahlen zu genießen. Metallspiralen und Christbaumlocken verteilt man an die Enden der Nebenzweige. Die einzelnen Sterne werden überall gleichmäßig verteilt, während die Ketten sich abwechselnd als Nuß-, Stroh-, Stern- und Papierketten über die Äste schlingen und verteilen.

Auf der Spitze des Baumes bringt man gewöhnlich einen großen Stern aus mit Goldpapier überzogener Pappe an, in dessen Oval man einen Weihnachtsengel einklebt. Prächtig nimmt sich auch ein breites Atlasband mit Goldfransen aus, welches in altgotischer Schrift den hehren Weihnachtsspruch >Ehre sei Gott in der Höhe< trägt. Nachdem noch die Lichter auf dem Baume angebracht worden sind, wird die Oberfläche der Äste mit lose auseinander gezupfter Watte belegt und diese mit ausgezogenen Fäden Silberrage befestigt.'

(aus Hugo Elm: 'Das goldene Weihnachtsbuch' (1878), zitiert in Bernd Brunner: 'Die Erfindung des Weihnachtsbaums', Insel Bücherei 2011)

Den Freundinnen und Freunden unserer Buchhandlung wünschen wir ein glanzvolles Weihnachtsfest und allzeit guten Rat im neuen Jahr!


Die Abbildung entstammt Nigel Slaters bei Dumont erschienenem 'Wintertagebuch - Rezepte, Notizen und Geschichten für die kalten Monate'. Der Autor dürfte, sollte er diese Anleitung nicht kennen, seine helle Freude an ihr haben: Als Winter- und Weihnachtsenthusiast teilt er freigiebig Begeisterung und Erfahrungswissen rund um Tannenbäume, Ständer, Schmückrituale und sichere Verwahrung der Christbaumpretiosen von Weihnacht zu Weihnacht.