Hinter weißen Wänden. Behind the White Cube

Julia Voss

Hinter weißen Wänden. Behind the White Cube


Mit Zeichnungen von Philipp Deines
152 S. mit zahlr. Abb., 24 cm
Merve 2015
KT 18.00 EUR


Boomende Museen, schrumpfende Etats, Blockbuster-Ausstellungen, Rekordpreise, Skandale, mächtige Sammler: Zu diesem Tosen und Rauschen des Kunstbetriebs steht die Stille, die einen umgibt, wenn man in einem Museum vor einem Kunstwerk steht, in merkwürdigem Kontrast. Wie funktioniert das Kunstsystem hinter den Kulissen? Was verbirgt sich hinter der weißen Wand? Wie kommt die Kunst ins Museum? Wer schreibt Kunstgeschichte? (und wer fällt raus?) Welche Rolle spielen Netzwerke? Was leistet Kunstkritik?

Julia Voss (*1974), Kunst- und Wissenschaftshistorikerin, als Journalistin tätig, geht diesen Fragen nach. In ihrem Buch thematisiert sie u. a. Alfred H. Barrs höchst erfolgreiches Diagramm zur Stilentwicklung aus dem Jahr 1936 - eine Darstellung, die der Gründungsdirektor des MoMA in Anlehnung an Charles Darwins Evolutionsdiagramm von 1859 zeichnete, um die Genealogie der modernen,     d. h. in seinem Sinne abstrakten Kunst, als autonomen, notwendigen Entwicklungsprozess zu schildern - was zahllose 'Arten', auch die Umstände ihres Niedergangs im Kanon der Kunstgeschichte, unterschlug.

Dass der Maler, Kunsttheoretiker und Cartoonist Ad Reinhardt, wie sie ausführt, seine Kritik an diesem Modell kurzerhand in ein aufschlussreiches Gegenbild - seinen Stammbaum der Kunst - fließen liess, nehmen wir mit Vergnügen zum Anlass, die 2013 bei David Zwirner ausgestellten Kunst-Comics von Ad Reinhardt wieder in den Vordergrund zu rücken. (Ad Reinhardt: How to Look. Hatje Cantz Verlag 2013). 

Wer sich jetzt aufgerufen fühlt, über das Verhältnis von Reinhardts kunstbetriebskritischen Cartoons und Galerie nachzudenken, lese Hanno Rauterberg: 'Die Kunst und das gute Leben. Über die Ethik der Ästhetik', soeben bei Suhrkamp erschienen.