Grunewald im Orient

Thomas Sparr

Grunewald im Orient


Das deutsch-jüdische Jerusalem
mit zahlr. Abbildungen, 22.8 cm
Berenberg 2018
Hc. 22.00 EUR


Mit Rechavia, 1921 in orientalisch interpretierter Anlehnung an die Gartenstadt Hellerau erbaut, entstand im Jerusalem der 20er und frühen 30er Jahre „ein Stadtviertel, auf das man das Attribut der ‚geistigen Lebensform‘, der intellektuellen Verbindung, des Lesens, Schreibens, Forschens, der Musik und bildenden Kunst am ehesten anwenden kann". Anhand von Briefzitaten, biografischen Skizzen, fiktiven und dokumentierten Begegnungen führt Thomas Sparr die debattierfreudige Gemeinschaft deutsch-jüdischer Exilierter in Rechavia zusammen - darunter Martin Buber, das Ehepaar Scholem, Werner Kraft, Else Lasker-Schüler, nach der Staatsgründung Mascha Kaléko, Lea Goldberg, Anna Maria Jokl, Peter Szondi; temporär Hannah Arendt, als Gast Celan.

'Mit dem Gifte der Logik', schreibt Else Lasker-Schüler, 'bemüht sich Adon (Herr) Scholem, mir die Legenden des heiligen Israels zu enthimmeln'. Zion für die einen, klippenreiche Einübung ins Hebräische für andere, abgemildert durch herübergerettete Alltagsgewohnheiten und 'beinahe Dahlemisch'(Mascha Kaléko) - das Bourgeoise wie das Himmlische strandet notorisch an der intellektuellen Skepsis des Berliner ‚Kabbalisten‘ Gershom Scholem, der eine zentrale Stellung in der Gesellschaft Rechavias behauptet.

Vor dem Hintergrund seiner Jahre an der Hebräischen Universität und am Leo-Baeck-Institut in Jerusalem entwirft Thomas Sparr ein bewegendes Bild des unter der Last der Shoah zu einem Ort deutsch-israelischer Annäherung gewachsenen Viertels. Von 1990 bis 1998 leitete er den Jüdischen Verlag, war dann bis 2004 Cheflektor des Siedler Verlags und bis 2015 stellvertretender verlegerischer Leiter des Suhrkamp Verlags, für den er heute als Editor-at-Large arbeitet.


maKULaTUR lädt zu Vortrag und Lesung mit Thomas Sparr am 22. August um 19.30 Uhr ins
Lübecker Dielenhaus, Fleischhauerstraße 79. Näheres siehe Weblog.