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April 2021

'Es gefällt mir wirklich, wenn ich das rechte Ding im falschen Raum und das falsche Ding im rechten Raum bin.....Meist ist es die Sache wert, wenn du das rechte Ding im falschen Raum und das falsche Ding im rechten Raum bist, weil immer etwas Witziges dabei herauskommt. Das kannst du mir glauben, denn ich habe damit Karriere gemacht, dass ich das rechte Ding im falschen Raum und das falsche Ding im rechten Raum war. Da kenne ich mich wirklich aus!'

So Andy Warhol in 'The Philosophy of Andy Warhol (From A to B and Back Again)', erstmals 1975 in New York erschienen, hier zitiert aus der vergilbten deutschen Erstausgabe von 1991. Ein Taschenbuch, das es leider nicht mehr gibt. Aber dies gibt's:

Blake Gopnik: Warhol. Ein Leben als Kunst. Die Biografie, tausendzweihundertzweiunddreißig Seiten stark, ganz unvergilbt, weil neu erschienen bei Bertelsmann.

Ganz einfach


8. März 2021

Die Lehre des Gartens. Das Grün in den Schalen. Simplicity...oder ganz einfach: Wir haben wieder geöffnet!

Die wenigen Geräusche


Februar 2021

"Die Katze (deren Tage wir beenden mussten): Die vollkommene Stille ihrer Schritte, wo immer sie auch hinging - Vorüberhuschen eines hellen Schattens, für uns halb abwesend, wie einem friedlichen Traum entsprungen, ihre nur seltenen Schreie, und diese in letzter Zeit immer kürzer und schwächer. Mehrmals am Tag fast minutengenaue Rituale, ab dem Erwachen; und auch die Anhänglichkeit, die sie hervorruft und für die sie ihrerseits so diskrete Beweise liefert: und doch eine kleine Seele, sichtlich in Sorge oder beleidigt bei unseren wenigen Reisen...Eine kleine Seele in Pelzpantoffeln, nicht viel, aber dennoch."


aus Philippe Jaccottet (geb. am 30. Juni 1925, gestorben am 24. Februar 2021): Die wenigen Geräusche. Späte Prosa und Gedichte. Erschienen im Hanser-Verlag 2020

Die Krönung


Silvester 2020


31.12.2020

Manche Kröte bleibt noch zu schlucken. 'Wenn Sie das hier lesen, wird das Gröbste schon vorbei sein. Vielleicht wird es aber auch erst noch kommen. In Wirklichkeit haben wir überhaupt keine Ahnung, was das Gröbste gewesen sein wird, und möglicherweise werden wir es auch nie wissen. Die Auswirkungen, die das Ganze haben wird, werden später noch ganz andere Auswirkungen haben, von denen selbst Sie jetzt, wo Sie das lesen und schon viel mehr Ahnung haben als ich, wo ich das schreibe, nichts ahnen können. Manches wird so sein, wie wir es befürchteten, anderes ganz anders und manches wird auf wundersame Weise genau so gekommen sein, wie wir es uns immer gewünscht haben.'

Mit Lola Randls Eröffnung ihres coronachronistischen Romans 'Die Krone der Schöpfung' (erschienen im September 2020 bei Matthes & Seitz) wünschen wir den Freund*innen unserer Buchhandlung einen optimistischen Start ins neue Jahr. Gesundheit!

Ruhe im Karton!


Weihnachten 2020

Will heißen:

'Wir hängen Gedanken in den Wind. Wir feuern im Haus den Herd an, holen Töpfe und Tiegel aus dem Schrank. Wir putzen, schnippeln, rühren, kneten, würzen, füllen, fetten, formen. Erinnerungen kochen hoch, Gelesenes und Gelebtes, auch Neues, Ungeahntes. Gemeinsam schmecken wir Speisen ab, brechen Brot, verwandeln Wasser in Wein, geben Lebensschwänke zum Besten und was uns am Lachen hält. Messer werden gewetzt, Gläser poliert. Es wird aufgetafelt. Eine Woche lang!'

In wie kleiner Runde auch immer: Wir wünschen den Freundinnen und Freunden unserer Buchhandlung ein frohes Fest!


Der Text entstammt der 'Kladdenprosa' der herz-, leib- und seelenerquickenden Erzählung 'Schmoren im Paradies' als anschauliches Resultat eines auf 8 'Makulaturblättern' ausgiebig skizzierten kulinarischen Selbstversuchs von Kerstin Hensel und Carola Wiemers, erschienen 2020 im Quintus-Verlag.

Das Schiff oben ist eine der illustrierenden Collagen von Ruth Tesmar, dem Titelblatt entnommen und saisongerecht modifiziert (Nachsicht, bitte).

O Tannenbaum


dein Kleid will mich was lehren...


Schaufenster im Dezember 2020

Caspar David Friedrich wusste es auch nicht besser als die meisten von uns. Der Romantiker, der sich bis Anfang des 19. Jahrhunderts überwiegend im tannenfreien Norden aufgehalten hatte, malte und zeichnete immer wieder Fichten, wenn er Tannen meinte.

Dass die Tanne, bereits zu seiner Zeit Opfer rationeller Forstwirtschaft zugunsten der Fichte, heute der Baum der Stunde ist, stellt Wilhelm Bode in seinem Tannenportrait eindrücklich dar:

Tief wurzelnd, damit trockenheits- und sturmresistent, in seiner Baum-Jugend auf Waldesdunkel, also gesunden Misch- und Mehrgenerationenwald angewiesen, ist unser aller Weihnachtsbaum der Baum, der dem Klimawandel trotzen könnte. Lassen wir ihn wieder zu Ehren kommen - nicht nur zur Weihnachtszeit.


Das Buch 'Tannen. Ein Portrait von Wilhelm Bode' ist in der Reihe 'Naturkunden' bei Matthes & Seitz gerade erschienen. Im Schaufenster stellen wir der Frontispiz-Abbildung alter Tannen aus dem Buch einige Zeichnungen Friedrichs gegenüber.

Die Todesfuge vor Gericht


Vorläufige Einstellung des Verfahrens und Wiederaufnahme

Das Celan-Jahr steht unter keinem glücklichen Stern. Noch kreisen wir um die Leerstelle, die sich am 16. November auftut: Nur 20 der 60 längst Angemeldeten dürften laut den jetzt geltenden Maßnahmen im Betsaal der Synagoge Platz finden.

Wir fassen uns in Geduld und verschieben das geplante Podiumsgespräch zwischen Thomas Sparr und Hans Ernst Böttcher auf einen unbestimmten Termin im neuen Jahr, zu dem unbesorgt alle kommen können, die kommen wollen.

Und nun kommen bitte alle gut durch den November!
Was immer Sie in der Zwischenzeit von und zu Celan lesen möchten, Sie finden es vor bei uns im Kerngeschäft, im Kerngehäus in der Hüxstraße.


'Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn:
Die Zeit kehrt zurück in die Schale.'

(Celan, Corona/ Mohn und Gedächtnis)

Die Todesfuge vor Gericht. Eine Recherche


Thomas Sparr und Hans-Ernst Böttcher im Gespräch


16. November 2020
Carlebach Synagoge, Großer Betsaal
Sankt-Annen-Str. 11-13
19.00 Uhr

Thomas Sparr, Suhrkamp, Autor des Buches „Todesfuge – Biographie eines Gedichts“ (DVA 2020) und langjähriger Leiter des Jüdischen Verlags, im Gespräch mit Hans-Ernst Böttcher, Präsident des Landgerichts i.R.

1957 nahm Paul Celan in Lübeck den Kulturpreis des Bundes der Deutschen Industrie entgegen – seine erste Auszeichnung überhaupt, ausgelobt von einem Verband, der Unternehmen zu seinen Mitgliedern zählte, die von der mörderischen Zwangsarbeit beim Bau der ‚DG IV‘ profitiert hatten, dem SS-Mammutprojekt einer gigantischen ‚Durchgangsstraße‘ von Lemberg bis Stalino für den Nachschub von Kriegsgütern nach Osten.

Die einzige Quelle zur Ermordung der im Arbeitslager Michailowka Inhaftierten, darunter Celans Eltern, führt Anfang 1960 auf die Spur des SS-Sturmbannführers Franz Christoffel, Lübeck, Possehlstraße 41, 1942 hauptverantwortlich für den entsprechenden Bauabschnitt II und die Massentötung rumänischer Juden. Bei Prozessbeginn 1967 konnte der inzwischen Verstorbene nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Der traurige Wahrheitsgehalt der Todesfuge bricht nirgends so massiv hervor wie in den Ermittlungen der Lübecker Staatsanwaltschaft.
Darya Jakobovich wird ins Russische übersetzen.


Eintritt EUR 8,00, für Mitglieder der Jüdischen Gemeinde frei. Kopfbedeckung (Herren) erbeten


Eine Veranstaltung unserer Buchhandlung. Anmeldung unter buchhandlung@makulatur.com oder 0451-70 79 971